PRO BAHN unterbreitet Vorschläge für Verbesserungen.
Die im rot-grünen Koalitionsvertrag vorgesehene Infrastrukturoffensive für das niedersächsische Schienennetz hat der Fahrgastverband PRO BAHN bereits ausdrücklich gelobt. Laut Vertrag sind deren Ziele eine höhere Kapazität des Schienennetzes, dichtere Takte und höhere Zuverlässigkeit. Auf dieser Basis hat PRO BAHN eine Liste kleinerer, aber sehr nützlicher Maßnahmen erstellt, die auf diese drei Ziele hinwirken und in vergleichsweise kurzer Zeit umsetzbar sind. Dadurch lassen sich dringend benötigte Effekte noch während dieser Legislaturperiode erzielen.
„Wir rufen die Landesregierung und insbesondere Verkehrsminister Lies auf, diese Liste aufzugreifen und die ersten Verbesserungen sofort auf den Weg zu bringen“, sagt der niedersächsische Landesvorsitzende Malte Diehl zu der Liste. „PRO BAHN sieht Niedersachsen auch in der Pflicht, diese Maßnahmen anteilig oder ganz mit Landesmitteln zu finanzieren, sofern es hierfür keine absehbare Bundesfinanzierung gibt. Hier ist aktives Handeln gefragt, damit es spürbare Verbesserungen geben kann, nicht das Warten auf die eigentlichen Zuständigen. Unzureichende Infrastruktur ist inzwischen für die Mehrzahl der Störungen – Verspätungen, Zugausfälle etc. – im täglichen Betrieb verantwortlich.“
Großmaßnahmen wie etwa zweigleisige Ausbauten langer Strecken hat der Fahrgastverband dabei mit Blick auf die Umsetzungsdauer bewusst ausgespart. Nötig sind diese natürlich mit der entsprechenden Vorbereitung dennoch. Ohne großflächige Aus- und auch Neubauten wird es den Deutschlandtakt nicht geben – weder im Regional- noch im Fernverkehr.
Die Maßnahmenliste von PRO BAHN enthält insgesamt über 45 Punkte, die sich grob in die folgenden Kategorien gliedern lassen:
- Zusätzliche Kreuzungs- und Überholgleise
- Zusätzliche oder längere Bahnsteige
- Technisch nicht gesicherte Bahnübergänge
- Neue Gleiswechsel bei zweigleisigen Strecken
- Punktuell oder abschnittsweise höhere Geschwindigkeiten
Eine Forderung wie die nach einem zusätzlichen Gleiswechsel an bestimmten Stellen, das heißt nach einer Weichenverbindung, mittels derer ein Zug vom rechten auf das linke Streckengleis oder umgekehrt wechseln kann, mag zwar auf den ersten Blick sehr unscheinbar und detailverliebt daherkommen, kann aber in der Praxis große Auswirkungen auf den Betrieb haben.
Dies erläutert Landesvorsitzender Diehl anhand eines Beispiels: „Die massiven Einschränkungen im Zugangebot zwischen Hannover und Hameln, die die Reisenden in den vergangenen Monaten hinnehmen mussten, wurden maßgeblich durch das Fehlen von Weichen verursacht. Die Baustelle befand sich auf einem ca. 40 Kilometer langen Abschnitt zwischen Weetzen und Hameln, auf dem es derzeit nur einen Gleiswechsel in Springe gibt. Dadurch musste, auch wenn die eigentliche Baustelle vergleichsweise kurz war, auf den ganzen 40 Kilometern eingleisig gefahren werden. Das ist mit einem verdichteten Halbstundentakt und zahlreichen Güterzügen natürlich nicht möglich, also mussten zahlreiche Züge ausfallen.“
Auch andere Beispiele aus der Liste zeigen, wie angespannt die Eisenbahninfrastruktur in Niedersachsen ist und wie einfach es wäre, sie an den entscheidenden Stellen zu entlasten:
- In Buchholz (40.000 Einwohner) mussten im Herbst wegen einer Umleitung über die Güterumgehungsbahn die Metronom-Züge durchfahren – der einzige Bahnsteig, der angefahren werden konnte, war zu kurz. Eine längere bestehende Bahnsteigkante sowie ein zusätzlicher Bahnsteig am östlichen Gleis der Umfahrung hätten alle Einschränkungen verhindert.
- Zwischen Bad Zwischenahn und Oldenburg fallen regelmäßig wochenlang die Züge der Regio-S-Bahn aus. Auf dem eingleisigen Abschnitt fehlt seit vielen Jahren eine zweite Kreuzungsmöglichkeit, die es lange Zeit gab und nur wiederaufgebaut werden müsste.
- Auf der Strecke Hildesheim – Groß Düngen – Bodenburg könnte mit geringem Aufwand die Höchstgeschwindigkeit südlich von Groß Düngen auf 80 km/h angehoben werden. Dadurch entspannte sich der instabile Fahrplan mit einer Kurzwende von nur wenigen Minuten in Bodenburg, und in Hildesheim könnten bessere Anschlüsse hergestellt werden.
Die zahlreichen vorgeschlagenen Maßnahmen taxiert PRO BAHN jeweils auf nur wenige Millionen Euro. Bedenkt man, dass das Land Niedersachsen erst kürzlich beschlossen hat, 160 Millionen Euro für die Finanzierung des Deutschlandtickets bereitzustellen und insgesamt 2,9 Milliarden Euro für ein allgemeines Sofortprogramm auszugeben, sollte sich für viele dieser Maßnahmen auch noch ein Platz im Haushalt finden. Sie leisten einen überproportionalen Beitrag zur Verkehrswende. „Besonders wichtig ist dabei aber“, mahnt Landesvorsitzender Diehl, „dass das in die Infrastrukturoffensive investierte Geld nicht an anderer Stelle dem öffentlichen Personenverkehr gestrichen wird. Die bestehenden Leistungen müssen in jedem Fall erhalten bleiben und geplante umgesetzt werden.“
Die vollständige Liste können Sie im jeweils aktuellen Stand hier herunterladen.