Sperrung gibt Vorgeschmack auf Generalsanierung; Straßenbauträger soll alle Kosten tragen!

Der Fahrgastverband PRO BAHN sieht in der kurzfristig angekündigten Sperrung der Bahnstrecke Bremen – Hannover bei Neustadt am Rübenberge eine große Prüfung für alle Reisenden, vor allem Pendler und Touristen, die einen kleinen Vorgeschmack auf die Zustände gibt, die während der leider dringend nötigen Generalsanierungen drohen. Ausfälle, stundenlange Verspätungen, stornierte Reisen und überfüllte Busse werden an der Tagesordnung sein.

Malte Diehl, Landesvorsitzender von PRO BAHN Niedersachsen/Bremen, erläutert die Gesamtlage: „Bereits im kommenden Jahr wird mit Hamburg – Hannover eine weitere Hauptstrecke zehn Wochen lang gesperrt, wenn auch nicht im Rahmen der Generalsanierung, danach geht es in Niedersachsen richtig los: 2027 werden die Strecken Lehrte – Berlin für zehn Monate und Bremerhaven – Bremen für fünf Monate generalsaniert. 2028 sollen Minden – Wunstorf und Weddel – Magdeburg folgen. Bis 2030 stehen nach aktuellen Planungen noch mindestens fünf weitere Hauptstrecken auf dem Plan. Dass es infolgedessen zu massiven Ausfällen kommt, liegt auch daran, dass in Niedersachsen keine Ausweichstrecken vorhanden sind und die vorhandene Infrastruktur sträflich vernachlässigt wurde. Die jetzige Sperrung zeigt beispielhaft, was den Fahrgästen in ganz Niedersachsen in den kommenden Jahren regelmäßig droht.“

Besonders ärgerlich ist für PRO BAHN, dass die Deutsche Bahn wie so oft bei Baustellen den Fernverkehr zwischen Bremen und Hannover komplett streicht, anstatt wenigstens einige Züge über alternative Routen umsteigefrei anzubieten. Damit wird der Nordwesten von Süden und Osten Deutschlands abgeschnitten, und das gerade in der für den Tourismus an der Küste wichtigen Osterferien. Auch wenn sich die Fahrzeiten deutlich verlängern und dadurch mehr Fahrzeuge benötigt werden, hätte man von der DB schon etwas mehr Anstrengung erwarten können, um wenigstens einzelne Fernzüge fahren zu lassen, zumal die Nachfrage über Ostern besonders hoch ist. Nicht weniger ärgerlich ist, dass als Alternativroute lediglich der Weg über Hamburg freigegeben wurde. Für Fahrgäste, die in den Großraum Frankfurt oder nach Südwestdeutschland wollen, ist das ein völlig unnötiger Umweg. Hier hätte neben der Zugbindung auch die Bindung an den Streckenverlauf aufgehoben werden sollen.

Positiv bewertet PRO BAHN hingegen, dass Niedersachsen einen zweistufigen Schienenersatzverkehr einrichtet. Neben Ersatzbussen zwischen Wunstorf und Neustadt wird es auch Direktbusse zwischen Hannover und Neustadt geben. Dadurch sparen sich die Fahrgäste in dieser misslichen Situation wenigstens einen Umstieg, wenn Start oder Ziel ihrer Reise in Hannover liegt. Es bleibt zu hoffen, dass insgesamt genügend Busse eingesetzt werden.

Diese negativen Auswirkungen hätten indes abgemildert werden können, wenn es mehr gut ausgebaute Eisenbahnstrecken in Niedersachsen gäbe. „Die Sanierung der Riedbahn verlief auch deswegen recht geräuschlos, weil in wenigen Kilometern Abstand zu beiden Seiten leistungsfähige Alternativstrecken liegen, über die ein Großteil des Verkehrs umgeleitet werden konnte“, führt Landesvorsitzender Diehl aus. „In Niedersachsen gibt es das weit und breit nicht. Wäre z.B. die Amerikalinie angemessen ausgebaut, hätte man wenigstens die vier täglichen Direktverbindungen zwischen Bremen und Berlin umleiten können. Mit einer Neubaustrecke Hamburg – Hannover und einem Abzweig bei Soltau hätte der gesamte Fernverkehr umgeleitet werden können, statt auszufallen.“

PRO BAHN fordert daher einen schnellen, strategisch angelegten Ausbau der Eisenbahninfrastruktur in Niedersachsen, der auch mit den Mitteln aus dem neuen Sondervermögen des Bundes zu finanzieren ist. Das betrifft die zügige Umsetzung der projektierten Neubaustrecken von Hamburg und Bielefeld nach Hannover, aber auch andere wichtige Strecken, die keine ausreichende Kapazität aufweisen. Dieser Mangel führt bereits heute beispielsweise häufig zum Entfall von Personenzügen, wenn Güterverkehr umgeleitet werden muss – meist ohne großen Aufschrei in der Öffentlichkeit. Auszubauende Strecken sind u.a.:

  • Nienburg – Minden
  • Rotenburg – Verden
  • Oldenburg – Leer
  • Langwedel – Soltau – Uelzen
  • Oldenburg – Osnabrück
  • Lüneburg – Büchen – Lübeck
  • Bremerhaven – Bremervörde – Rotenburg
  • Löhne – Hameln – Elze

Dass es zu dieser Sperrung überhaupt kommen musste, liegt bekanntermaßen an einer Beschädigung der Strecke, die durch Bauarbeiten für eine Straßenunterführung ausgelöst wurde. Die Deutsche Bahn, namentlich DB InfraGo als Betreiber der bundeseigenen Infrastruktur, trägt hieran keine Schuld, ebenso wenig die Eisenbahngesellschaften, die auf dieser wichtigen Magistrale fahren. Der Fahrgastverband PRO BAHN fordert daher, dass sämtliche Kosten für die Wiederherstellung der Strecke, aber auch für die Entschädigungen, die Fahrgästen bei Verspätungen und Ausfällen zustehen, und alle weiteren Kosten vom Bauträger übernommen werden. Das ist in diesem Fall die Landesstraßenbehörde. Vorsitzender Diehl dazu: „Bei kostspieligen Fehlern wie diesem muss das Verursacherprinzip gelten. Angesichts einer ohnehin unzureichend finanzierten Eisenbahninfrastruktur wäre es höchst unfair, wenn die DB nun auch noch die Reparatur aus ihren knappen Mitteln finanzieren müsste. Sie hat den Schaden nicht zu verantworten, wird aber zig Millionen zur Behebung aufwenden müssen. Ebenso müssen sich die Verkehrsunternehmen beim Land Niedersachsen schadlos halten können, wenn sie ihren Kunden Entschädigungen zahlen müssen. Wir erwarten, dass die Landesstraßenbaubehörde hier in die Pflicht genommen wird und jegliche Schäden eins zu eins ausgleicht.“

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