Mit der Bundestagswahl am 23.02.2025 werden auch in der Verkehrspolitik die Weichen neu gestellt. Angesichts des anhaltend schlechten Zustands des deutschen Schienennetzes und eines im Vergleich mit unseren Nachbarländern unterdurchschnittlichen Angebots im Nah- und Fernverkehr fordert der Fahrgastverband PRO BAHN die niedersächsischen und bremischen Bundestagskandidaten auf, sich nach einer erfolgreichen Wahl konsequent für den Ausbau der Eisenbahn einzusetzen. Dazu gehört auch die Verbesserung wichtiger gesetzlicher Rahmenbedingungen, die oft seit der halbgaren Bahnreform 1993 nicht mehr angefasst worden.
Oberstes Ziel muss die kontinuierliche Umsetzung des Deutschlandstakts und der dafür notwendigen Infrastruktur- und Angebotsausbauten sein. Dazu braucht es vor allem eine gesicherte Finanzierung. Bis jetzt werden die Investitionen immer jahres- und projektscharf geplant, was sich als sehr aufwendig und ineffizient erwiesen hat. Viel sinnvoller wäre es, wie andere Länder, z.B. die Schweiz, einen langlaufenden Infrastrukturfonds aufzulegen, der flexibel nach Bedarf für die wichtigsten Projekte eingesetzt werden kann.
Die sicherste Finanzierung führt aber nicht dazu, dass auch gebaut wird – so blockiert Niedersachsen nicht nur auf Landesebene aus Angst vor lokalen Protesten die verkehrlich zwingend notwendigen Neubaustrecken von Hamburg und Bielefeld nach Hannover, sondern insbesondere die niedersächsischen Abgeordneten betreiben auch massive Lobbyarbeit dagegen im Bundestag. Sie schauen nicht über ihren Wahlkreis hinaus und übernehmen häufig ungeprüft die ablehnenden Narrative fundamentaloppositioneller Bürgerinitiativen. Das schadet aber massiv Fahrgästen, Wirtschaft, Umwelt und Klima. PRO BAHN fordert deshalb von den nach dem 23.02.2024 neu gewählten Bundestagsabgeordneten aller Parteien eine klare Kehrtwende weg von engstirnigem Wahlkreisdenken hin zum Wohle des gesamten Landes.
Damit die Eisenbahn wieder zuverlässig werden kann, muss auch an den Generalsanierungen festgehalten werden, die zwar schmerzhaft, aber aufgrund der jahrzehntelangen Vernachlässigung des Schienennetzes unausweichlich sind. Gerade Niedersachsen und Bremen befinden sich im Epizentrum der Generalsanierungen. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass genügend Geld für die regionalen Strecken abseits der Magistralen vorhanden ist, die oft nicht minder herabgewirtschaftet wurden. PRO BAHN wünscht sich von den zukünftigen Bundestagsmitgliedern beider Länder einen energischen Einsatz für beides.
Mit Blick auf den Nahverkehr fordern wir für die kommende Legislaturperiode von den niedersächsischen und bremischen Abgeordneten, dass sie Verbesserungen bei den Regionalisierungsmitteln des Bundes erreichen. Diese Mittel werden den Ländern zugeteilt, damit sie daraus den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) bestellen. Sie steigen jährlich um drei Prozent und sind damit seit Beginn des Jahrzehnts wegen der hohen Inflation kaufkraftbereinigt sogar gesunken. Wenn das Niveau des heutigen SPNV gehalten oder er sogar ausgebaut werden soll, wie es Niedersachsen und Bremen anstreben, muss diese jährliche Steigerung deutlich erhöht werden.
Parallel dazu muss die Zweckentfremdung von Geldern für Zwecke jenseits des SPNV endlich verboten werden: Was an Regionalisierungsmitteln ausbezahlt wird, muss auch zwingend in den SPNV investiert werden! Derzeit steht im Bundesgesetz nur „soll“, nicht „muss“. Besonders Niedersachsen nutzt dies aus und zweigt aus den Bundesmitteln jedes Jahr über 100 Millionen Euro ab. Davon wird gemäß §7a und §7b des Niedersächsischen Nahverkehrsgesetzes vor allem der Schülerverkehr mit Bussen gefördert, statt dafür landes- oder kreiseigene Mittel einzusetzen. PRO BAHN ruft daher die bremischen und niedersächsischen Kandidaten dazu auf, sich nach der Wahl auf Bundesebene für eine entsprechende Reform des Regionalisierungsgesetzes einzusetzen.
Weitere wichtige Reformvorhaben auf Bundesebene, die sich massiv auf Bremen und Niedersachsen und Bremen auswirken, sind:
- Ein neues Trassenpreissystem: Damit mehr Bahnverkehr finanziert werden kann, müssen die europaweit einzigartig hohen Wucherpreise für die Schienennutzung in Deutschland massiv sinken und mindestens halbiert werden.
- Einfachere Planungsstandards: Die Zeit, die bis zu Bau oder Sanierung einer Bahnstrecke vergeht, muss durch weitere Vereinfachungen des geltenden Rechts deutlich verkürzt werden. Ganz konkret sollte z.B. das Eisenbahnkreuzungsgesetz entschärft werden: Neue, vergleichsweise kostengünstige und technisch gesicherte Bahnübergänge statt millionenteurer Brücken sollten abseits der Magistralen wieder die Regel werden.
- Ein offizielles Fernverkehrsnetz: Der Bund muss die flächendeckende Versorgung mit Eisenbahnfernverkehr endlich als seine Aufgabe begreifen und in Anlehnung an den Regionalverkehr ein garantiertes Mindestnetz mit klaren Angebotsstandards definieren, das als Grundpfeiler des Deutschlandtakts taugt.
PRO BAHN hofft, dass die zukünftigen Bundestagsabgeordneten aus Niedersachsen und Bremen sich dieser komplexen und langwierigen Aufgaben annehmen und dabei auch über ihre Legislaturperiode hinausdenken. Für einen Dialog zu den einzelnen Forderungen stehen wir den Kandidaten jederzeit zur Verfügung.
Bezüglich der jüngst wieder aufkeimenden Debatte um die Zukunft des Deutschlandtickets hofft PRO BAHN, dass die zu wählenden bremischen und niedersächsischen Abgeordneten fest hinter dieser wichtigen Fahrkarte stehen, die Millionen Fahrgästen, Pendlern, Wählern das Leben erleichtert und günstiger macht. Keinesfalls darf diese größte tarifliche Errungenschaft der letzten Jahrzehnte wieder geopfert werden. Und wenn in einem Flächenland wie Niedersachsen kritisiert wird, man könne das Ticket auf dem Land kaum nutzen, dann liegt das nicht an der Fahrkarte selbst, sondern allein daran, dass die zuständigen Landkreise es mutwillig versäumt haben, einen attraktiven Busverkehr abseits der Eisenbahnlinien aufzubauen.